Am Wochenende habe ich mit einer Kollegin telefoniert, die alleine lebt. Auf die Frage, wie es ihr geht, sagte sie: „Es fühlt sich ein bisschen an wie Liebeskummer“.
Das hat mich sehr berührt. Denn egal, in welcher Situation wir aktuell leben, ob allein, in einer WG, mit der Familie – für jeden ist es eine außergewöhnliche Situation.
Diejenigen, die alleine leben, waren meist noch nie so viel allein, wie in diesen Wochen. Diejenigen, die in einer Gemeinschaft leben, haben noch nie so viel Zeit gemeinsam in den geschlossenen vier Wänden verbracht.
Dadurch lastet ein besonderer Druck auf uns und unseren Beziehungen.
Alle, die alleine sind, haben wenig Chance auf unkomplizierte Kontakte. Vor Corona war der tägliche persönliche Austausch bei der Arbeit, mit Freunden, beim Sport automatisch integriert. Heute können die Tage sehr einsam sein. Meine Kollegin hat am meisten überrascht, dass ihr die Berührungen so sehr fehlen. Ihre
Lieben einfach mal in den Arm zu nehmen die spontane Berührung im Gespräch…
Vielleicht schaffen wir es ja, uns in dieser Zeit über Worte und Gesten zu berühren.
Alle, die mit mehreren Menschen unter einem Dach leben, haben hingegen die Situation sich nicht aus dem Weg gehen zu können. Vielleicht purzeln auch noch Kinder durch die Gegend, die normalerweise mehr Auslauf gewohnt sind. Dazu kommen Sorgen um Angehörige und Existenzängste. Das Homeoffice muss teilweise am Esstisch installiert werden, da bleibt wenig Raum für jeden Einzelnen und noch weniger Rückzug. In einer solchen Situation erscheinen die kleinen Macken des Partner, wie unter einem Vergrößerungsglas.
Was können wir tun?
Gegenseitig können wir uns mit Empathie unterstützen. Indem wir den Blick von der eigenen Situation lösen und das Befinden und die Bedürfnisse des Anderen erfragen und erkennen. Unseren alleinstehenden Freund anrufen. Unserer Kollegin im Homeoffice nachsehen, dass nicht alles termingerecht abgegeben wird. Wir können den Blick dafür öffnen, wie es den Anderen – Kollegen, Familie, Freunden – geht. Ich würde von mir behaupten, dass ich recht empathisch bin, und dennoch habe ich in dieser herausfordernden Zeit den Blick für die andere Seite verloren: Bei Homeschooling, 2 Onlinekursen, und allen anderen Dingen des Alltags, die leider auch während Corona nicht pausieren – hat mich erst das: „Es fühlt sich an wie Liebeskummer..“ aufgeweckt.
Die eigenen Bedürfnisse erkennen, kommunizieren und die Bedürfnisse des Anderen erfragen und anerkennen – bedeutet Empathie. Es entstehen die schönsten und kreativsten Ideen: Spieleabende via Zoom. Lunch mit Kollegen via Skype.
Und sogar die Großeltern werden digital: Meine Mutter ist auf die Idee gekommen, den Kindern via Facetime einmal am Tag eine Stunde vorzulesen – ein echtes Geschenk, für alle Beteiligten. So wird „Social Distancing“ zu einer „körperlichen“ Distanz und wir Menschen bleiben uns weiterhin verbunden.
Bleibt gesund!
Comments are closed.